Unsere Kirche

Die Peterskirche

Der Turm ist ca. 25 m hoch, wurde um 1100 erbaut (romanisch), etwa 100 Jahre später der Chorraum. 1490 wurde der Mittelteil erbaut. An dessen Stelle stand vermutlich ursprünglich ein kleinerer steinerner Saalbau (Grundriss rechts). Die jetzige gotische, dreischiffige Hallenkirche besitzt zwei Querdächer und wird innen von zwei achteckigen Pfeilern getragen. Chorraum und Mittelteil sind mit Sollingplatten (Sandstein) gedeckt, der Turm ist verschiefert und besteht wie der gesamte Kirchenbau aus verputztem Bruchstein. (Quelle: Heinrich Stiewe)

Eine nur noch schwach zu erkennende Inschrift außen an einem südlichen Strebepfeiler neben dem Anbau belegt das Alter des Mittelteils. Daraus entziffert Heinrich Stiewe: Anno 1490 mit den Dechen (Kirchenältesten) Nolte, Helt und Righde fertiggestellt:

Symbole auf vier der sechs Gewölbe-Schlusssteine zeigen einen bärtigen Christuskopf mit Heiligenschein, Rose und Stern als Wappen der Edelherren zur Lippe und drei Eisenhüte, das Wappen der Patronats-Familie de Wend. Ein hölzernes Epitaph (Gedenktafel für Verstorbene) von 1570 erinnert an die Adelsfamilie Grote, die später das Gut Niederntalle übernahm. 

Richtung Osten sind noch zwei alte Fenster erhalten: links vom Chorraum ein rundes Fenster mit vier Vierpässen und rechts vom Chorraum ein gotisches mit feinem spitzbögigen Maßwerk. Mit dem schlichten bunten Fenster „Er ist unser Friede“ im Chorraum identifiziert sich die Kirchengemeinde. 2005 wählte man die gleiche Inschrift für den Gemeindehaus-Neubau. Das Fenster ersetzte die obere Eingangstür zur Prieche im Chorraum, als diese im letzten Jahrhundert entfernt wurde.

(Foto Chorprieche: Sammlung H. Potthast; Foto Fenster rechts: Dietmar Sommer)

Die Turmuhr mit den beiden Glockenhäuschen für die Stunden- und Viertelstundenglocke bildet ein markantes Profil. Der Turmhelm ist mehrfach erneuert worden, z.T. nach Blitzeinschlägen. Auf dem Turm steht ein Kreuz (hergestellt von August Osterhage) mit goldenem Hahn. Vor etlichen Jahren stürzte das vorherige gusseiserne Kreuz vom Turm – zum Glück ohne jemandem zu schaden. Es hängt heute im Saal des Gemeindehauses an der Wand in Richtung der Kirche. 

Drei große Glocken mit Inschriften, 1927 in Bochum gegossen, läuten zu Gottesdiensten, für Verstorbene und täglich um 7, 12 und abends um 18 Uhr zum Gebet. Der damaligen Vorstellung nach sollten diese Aussagen mit jedem Läuten hinaus in die Welt getragen werden. Auf der größten Glocke steht „EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE“ die mittlere Glocke läutet mit „FRIEDE AUF ERDEN“, auf der dritten Glocke ist eingegossen „DEN MENSCHEN EIN WOHLGEFALLEN“.
(Quelle: Anna-Maria Balbach, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Leitung: Prof. Dr. Jürgen Macha)

Petrusfigur am Giebel_1936
Petrusfigur am Giebel_1936 © LWL-DLBW

Die Petrusfigur mit Bischofsmütze und Evangelienbuch vom Dachgiebel war sehr verwittert, im Vergleich zu einem Foto (mit Blitzableiter) von 1936. Sie wurde 2016 restauriert und steht nun innen in einer beleuchteten Wandnische. Eine witterungsbeständigere Kopie steht stattdessen auf dem Nordgiebel.

Eine seltene gusseiserne Gedenktafel an die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges 1870-71 hängt im Turm zusammen mit zwei Rüstungen als Gedenken an die Brüder Grote, im Spanisch-niederländischen Krieg gefallene Rittmeister vom Gut Niederntalle. Eine moderne, von Jürgen und Joachim Prüßner entworfene Friedenstafel aus Cortenstahl hängt im Turm den Rüstungen gegenüber. Inschrift: „Lenke unsere Schritte auf den Weg des Friedens“. Auf dem Rand steht in den Sprachen der an den beiden Weltkriegen beteiligten Nationen „Friede“.

Die Orgel mit zwei Manualen, einem Rückpositiv und einem Pedal wurde 1972 von der Fa. Steinmann aus Vlotho gebaut. Insgesamt besitzt sie 1104 Pfeifen von 1 cm bis 3 Meter Größe aus einer Zinn-Blei-Legierung bzw. Eichenholz. Die jeweils sechs Register im Hauptwerk und Rückpositiv und die fünf Register im Pedal kann man alle mit Koppeln verbinden und erhält dadurch vielfältige Klangmöglichkeiten. (Quelle: Erika Uthoff, ehem. Organistin in Talle)

Die Kanzel stammt aus dem 18. Jahrhundert, schräg gegen das Licht kann man noch etwas von den übermalten Ornamenten erahnen. Das neugotische Gestühl stammt vermutlich aus dem Jahr der großen Renovierung von 1872. Es war in einem Holzpodest befestigt, dunkel gestrichen, hatte eine sehr unbequeme Aufkantung als oberen Abschluss und eine noch kürzere Sitzfläche als heute, wie man bei einigen der oberen Bänke noch erkennen kann. Der Abendmahlstisch wurde vom Taller Tischler Osterhage (gegenüber der Kirche) gefertigt. Bei der Renovierung 2017 wurde er im gleichen Farbton wie die Emporen und das Gestühl hell gestrichen.

Bestattungen in Kirchengruften waren allgemein bis weit in das 18. Jahrhundert üblich und sind in Talle für mindestens zwei Bestattungen belegt. Die Gruften in der Taller Kirche sollen in den 1880er Jahren zugeschüttet worden sein, kurz nachdem der Friedhof an der Kirche geschlossen und auch das Beinhaus abgerissen wurde. Es ist möglich, dass auch die große, vor dem Kirchenanbau aufgestellte, alte Grabplatte des Provisors Henrich Klocke einst im Inneren der Taller Kirche lag.

Bereits vor der Renovierung entdeckte Pastor Rosenau, dass die Stufen in den beiden romanischen Durchgängen vom Turm ins Kirchenschiff keine gewöhnlichen Sandsteinstufen waren. Eine zerteilte ursprüngliche Altarplatte aus katholischen Zeiten mit den typischen fünf Kreuzen der Altarweihe war hier verwendet worden. An ihrem vielleicht vormals angestammten Ort liegt sie nun in den Fußboden eingelassen im Chorraum. Die Abnutzung als Stufe sowie die Kreuze sind deutlich erkennbar.

Unsere Peterskirche erhielt 2016/2017 eine grundlegende Sanierung, denn Maßnahmen zur Erhaltung und eine zeitgemäße Ausstattung waren dringend notwendig. Bis dahin gab es keinen Wasseranschluss in/an der Kirche! Für einen Toilettengang musste man zu den WCs im Gemeindehaus in ca. 150 m Entfernung gehen oder alternativ das historische Toiletten-Gebäude mit „Plumpsklo“ benutzen. Das Raumklima war sehr feucht und verursachte den ausgeprägten Taller „Kirchengeruch“, denn weder Fußboden noch Außenwände waren abgedichtet und Regenwasser musste im Boden versickern. 

Das alte Südportal wurde wieder geöffnet und dient nun als Durchgang zum neuen kleinen Anbau. Damit erhielt die Kirche zwei Toiletten, eine kleine Küche, einen Abstellraum und eine moderne Heizungsanlage für die neue Fußbodenheizung. Für den Fußbodenbelag im Turm konnten alte Sandsteinplatten aus den Gängen und dem Chorraum der Kirche verwendet werden. Die Sanierung bot gleichzeitig die Gelegenheit zu einer neuen Gestaltung.

Beleuchtung und Tontechnik sind über ein Pult in der „Küsterecke“ steuerbar. Alle Kabel wurden im Fußboden verlegt. Die aufwändige Technik sollte minimalistisch und unauffällig bleiben. Erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man z.B. die vielen kleinen Strahler auf den Kapitellen der beiden Säulen. Dies macht verschiedenste Lichtszenarien möglich, auch mit farbigen Effekten an den sechs Wandsäulen. Während der Renovierungszeit der Kirche konnten in vielen Fällen Material- bzw. Farbproben für einige Zeit ausgestellt, beraten, diskutiert und schließlich ausgewählt werden. Bis dahin waren die meisten Holzelemente dunkelbraun, nun ist die Gemeinde mit dem Ergebnis der hellen, trockenen, warmen Kirche mit ihren kleinen Besonderheiten sehr glücklich.

(Fotos, Zeichnungen, Texte, falls nicht anders angegeben: Franziska Uthoff) Herausgeberin: Ev.-ref. Kirchengemeinde Talle - Stand 1.9.2022